Die East Side Gallery

von Katharina Kräling
Anja Mihr
Sheila Seyfert.

Die East Side Gallery ist vermutlich die längste Galerie der Welt, die sich in einer Länge von 1,3 km parallel zur Spree durch Berlin schlängelt und mit ihren Bildern von Berlins und Deutschlands Geschichte spricht.

Die East Side Gallery ist keine gewöhnliche Galerie, sondern ein Ort, an dem Kunst Ausdruck geworden ist für einen einzigartigen Zeitpunkt in der Geschichte eines geteilten Deutschlands.

Im Berliner Bezirk Friedrichshain, zwischen der Mühlenstrasse und dem ehemaligen Grenzstreifen der an der Spree endet, befindet sich ein Überrest der Berliner Mauer, die seit 1961 jahrzehntelang das absurde Symbol war für eine geteilte Stadt.

Nachdem im November 1989 die Mauer ihren Schrecken verlor und mit dem Mauerfall zur Geschichte wurde, gab es erstmals auch die Möglichkeit, von der Ostseite her direkt an die Mauer heranzukommen und den steinernen Wachposten aus nächster Nähe als überwunden zu betrachten.

Während die Berliner Mauer den Jahren einer gespaltenen Stadt von der Westseite eine buntebemalte und besprühte Fläche die sich wie trotzend ihrer eigentlichen Funktion verwehrte, war die Mauer von der Ostseite her eine unantastbare, abgesicherte, und unüberwindbare, graue Wand.
In der Euphorie und den Umwälzungen jener Zeit des Mauerfalls und eines vereinten Deutschlands fanden sich Künstler aus aller Welt zusammen, die der Ostseite der Mauer in einer neuen Zeit ein neues Gesicht geben wollten.

Dieses neue Gesicht ist die East Side Gallery. Das Projekt, das spontan und in einem kleinen Rahmen begann, entwickelte sich im Laufe der Zeit zu einer enormen Bilderwand, an der über hundert Künstler mit ihren Arbeiten der Welt ein Zeichen setzten. Ein Zeichen gegen die Unmenschlichkeit und auch ihrer Überwindung.

Es war eine Art Heilungsprozeß, die Mauer in eine Galerie umzuwandeln. Die Transformation, die Mauer erfahren hat, gleicht der Menschen, die sie einmal umgeben hat", so Christine Mac Lean, die im Dezember 1989 als erste mit die Mauerbemalung initiierte.

Heute ist die East Side Gallery einer der wenige Mauerrest, der noch an seinem historischen Platz steht und an ein geteiltes Berlin in einem geteilten Deutschland erinnert.

Trotz der künstlerischen und historischen Einzigartigkeit der East Side Gallery war ihr bestehen lange umstritten und ist auch heute nicht wirklich abgesichert. Nach der Wiedervereinigung wurden Großteile der Mauer abgerissen, einige Teile verkauft der Rest ist dem Verfall ausgesetzt. Auch wenn immer wieder unzählige Touristen zu diesem letzten bestehenden Mauerstück strömen geriet auch die East Side Gallery zunehmend in Vergessenheit.
Und obwohl die East Side Gallery schon 1992 unter Denkmalschutz gestellt wurde, blätterten die Bilder, die einst um die Welt gingen ab, und die Mauerreste selbst wurden brüchig. Im Jahr 1996 ist die East Side Gallery wieder in die Schlagzeilen geraten, man diskutierte damals über ihren endgültigen Abriß.

Trotz des großen Zuspruches von Seiten Berliner Bevölkerung für den Erhalt der Galerie sah es so aus, als wenn die Tage der Mauerbilder gezählt wären.

Doch zu diesem Zeitpunkt wurden die Mauerkünstler selber aktiv und gründete die Künstlerinitiative East Side Gallery, mit dem Ziel, die bemalten Mauerreste an ihrem Ursprungsort zu erhalten.

Mit Erfolg, den die East Side Gallery existiert heute noch. 1996 rief die Künstlerinitiative erneut die Mauermaler zusammen, um in einer groß angelegten Aktion die schon verfallenen Bilder wieder von denselben Künstlern nachempfinden zu lassen, und für kurze Zeit stand die East Side Gallery wieder in ihrer alten Blüte.

Die Künstlerinitiative bemüht sich seitdem weiterhin, eine Zukunft für die East Side zu schaffen und eine dauerhafte Erhaltung und Sanierung durchzusetzen.